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Wie Hitler den Idealismus der Deutschen mißbraucht hat.

Eine Nachbemerkung zur Goldhagen-Diskussion

"Das Böse ist das verkehrte Gute." (Jürgen Habermas, aus: Preisrede zur Verleihung des Demokratie-Preises an Daniel Goldhagen, 1997))

 

Das verschwörungstheoretische Ressentiment - "wir werden von den Herrschenden belogen und betrogen" ist ein Dauerfehler der deutschen Linken. Goldhagens Buch sollte für uns Anlaß sein, uns davon zu trennen. Eines seiner Stärken besteht darin, daß es keinen Moment darauf reinfällt. Großartig, daß einer den Antisemitismus der NSDAP-Führung und des ganzen deutschen Bürgertums mal ernst nimmt. Wir sollten von ihm lernen, daß die herrschende Elite auch heute keineswegs aus rational kalkulierenden zynischen Übermenschen besteht. Schön wär´s ja! Aber sie sind es nicht und dadurch viel gefährlicher. Die Oberen haben keineswegs immer "gute Gründe" für das, was sie tun.

Eins aber können wir Goldhagen nicht glauben, nämlich, daß die deutschen Kleinbürger (Goldhagen sagt, richtig verallgemeinernd: die Deutschen) damals ganz anders waren als heute. Daß sie aufgrund einer (aus der Perspektive von heute) "halluzinatorischen Weltsicht" handelten. Ihre damalige Weltsicht war mit der heute staatstragenden verwandt durch die Wut auf intelligente Faulpelze, Kritiker und Schmarotzer, (die man damals Juden nannte). Vor der Nazizeit hat es in Deutschland mehr Leute gegeben als heute, die ständig die Fragen des lässigen 68ers gestellt haben: "Was soll´s?" "Wollen wir nicht lieber in die Kneipe gehen?" Deren Ausrottung und Umerziehung war ein tieferer Sinn des nationalsozialistischen Terrors. Diese Auseinandersetzung bleibt aktuell. Um sie weiter zu führen, muß man tiefer in das damals herrschende Weltbild einsteigen und sich dadurch stärker davon distanzieren, als Goldhagen.

1933 - 45 herrschte "wirklich" ein Weltanschauungskrieg. Es gab wirklich die von Nietzsche gepriesenen idealistischen "blonden Bestien", und die führten Krieg gegen etliche jüdisch-bolschewistische Untermenschen. Und umgekehrt. Es kämpften nämlich Hierarchie-Gläubige gegen die egalitär Eingestellten, es kämpften "glühende Idealisten" gegen die "skeptischen Materialisten". Beide gab es. Juden galten als egalitär eingestellte, skeptische Materialisten, und viele von ihnen waren es mehr, als die meisten Nazis. Durch den Massenmord an Juden (und Kommunisten) hat das skeptische, kritische, egalitäre Denken in ganz Europa einen Rückschlag erlitten, der bis heute spürbar ist, (obwohl die 68er Bewegung die schlimmste Tiefschlaf-Epoche abgeschlossen hat).

Der Krieg der Idealisten gegen ewige Kritiker, Schmarotzer, Faulenzer, Bedenkenträger usw. wird nicht enden, solange es noch Idealisten gibt. Das kann man zum Beispiel jeder Rede des Bundespräsidenten Roman Herzog aufs neue entnehmen. Daß EINE mögliche Grundlage dieses Krieges, der Antisemitismus, in Deutschland unmöglich geworden ist, ist schön, aber nicht ausreichend, da mittlerweile viele kritische Menschen keine Juden sind. Deshalb hat sich Goldhagen zu früh gefreut .

 

Wie Hitler den großen Idealismus der Deutschen mißbraucht hat

Während der Nazizeit waren die meisten Deutschen politische Idealisten. Ein Idealist ist ganz aufrichtig empört und verärgert, wenn das Gute Schaden nimmt. Er freut sich so wie ein kleines Kind aus ganzem Herzen, wenn das Gute siegt. Denn der Idealist weiß irgendwo doch ganz sicher, was gut und böse ist, und deshalb kann er sich oft richtig ärgern und freuen. Wenn es gerecht zugeht, dann geht es dem, der gut ist, auch gut, und dem, der schlecht ist, dem geht es schlecht!, denkt der Idealist. Wenn es gerecht zugeht, aber nur!

Die meisten Deutschen waren 1933 - 1945 gesellschaftlich so voller Begeisterung und gutem Willen, wie es heute nur noch einige Mitglieder politischer Sekten sind. Dieser Idealismus war (für sie) die Eigenschaft der Deutschen und das Gemeinsame der Deutschen. Es galt für sie die Gleichung: "Deutscher = Arier = Idealist". Brecht und Heine waren ewige Bedenkenträger, Zweifler, Spötter, Rationalisten, deswegen keine richtigen Deutschen. Sie konnten sich nicht so für das Gute begeistern, wie nach Ansicht der Idealisten ein Deutscher sich begeistern kann.

Die Deutschen waren Idealisten, weil sie wußten, was gut ist. Sie dachten: "Die Juden wissen nicht, was gut ist, sie denken nur an Mammon, Fressen, Saufen, Vögeln, an niedrige Dinge". Das war Eigenschaft des Juden (und der Unterschicht, die von ihm angesteckt war). Es war der Unterschied zwischen deutschem Idealismus und jüdischem Materialismus. DER DEUTSCHE WUSSTE, WAS GUT IST. Die echten Deutschen dachten: "Jeder echte Deutsche ist wie ich hilfsbereit, kinderlieb, tierlieb, fleißig, ordentlich, pünktlich, gerecht, edel, bereit für das Gute Opfer zu bringen, kurz: idealistisch. Mindestens 90 % der Deutschen sind so". Wer idealistisch ist, weiß, wofür man sich begeistern kann, und das wußte jeder echte Deutsche von sich und von den anderen echten Deutschen. Das war die Volksgemeinschaft.

 

Die Gerechtigkeit der Idealisten

Alle echten Deutschen waren nach eigener Einschätzung fachlich gut im Beruf. Die echten Deutschen sahen sich als begeisterte Bäcker, sorgfältige Buchhalter, vom Arbeitsethos durchseelte Banker, hingerissene Lehrer usw., deswegen hielten sie sich für fachlich und menschlich so gut. Niemand kennt das Richtige und Wahre so gut und begeistert sich so sehr dafür wie ein Deutscher, dachten sie. Und deswegen mußten sie ihrer Ansicht nach auch belohnt werden. Wenn es gerecht zugeht, geht es dem, der gut ist, auch gut, und dem der schlecht ist, geht es schlecht. Die vom Arbeitsethos durchseelten idealistischen deutschen Banker sind bessere Banker, sie müssen deswegen auch reicher werden als die materialistischen, ihren Beruf nur als Job versehenden ausländischen oder jüdischen Banker, dachten die Idealisten. "Idealisten sind besser!"

Wegen ihres Idealismus VERDIENEN die Reichen MORALISCH mehr Geld als die Armen - denken die Reichen. "Wir Deutschen verdienen moralisch mehr, als unsere Nachbarvölker," dachten die echten Deutschen damals. Das war die Herrenrasse. Nach ihrer Ansicht sorgten die Nazis endlich für Gerechtigkeit.

 

Sozialdarwinismus und moralischer Idealismus

Damals hat sich die Kombination von Idealismus, Fortschrittsglauben und Sozialdarwinismus durchgesetzt, die noch aktuell ist. Danach kämen stets die Stärksten nach oben; und die Stärksten wären auch die Besten, denn Macht und Wohlstand wären gut und fortschrittlich. Die Gewinner wären moralisch besser, als die Verlierer. Das gälte für Menschen, Unternehmen, Staaten, Völker. Idealismus mache erfolgreich, der Erfolg von jemandem beweise seinen Idealismus, Mißerfolg zeige Materialismus und Schlechtigkeit an. Danach waren die Deutschen, "objektiv", Anfang 1941 das beste, fortschrittlichste "Volk" der Welt, die Juden waren auf der Ranking-Liste der "Völker" ganz unten. Wie riesige Markterfolge heute die Überlegenheit eines Produktes und Herstellers "beweisen", "bewiesen" damals die Siege der Wehrmacht die moralische Überlegenheit der Deutschen. Daß die Juden ermordet werden konnten, war vielen Zeitgenossen ein Beweis dafür, daß sie nichts anderes verdient hatten. "Das Schlechte, zum Untergang verurteilte geht zu Recht unter", so dachte man.

Die Definition von "Gut" war im 3. Reich: gut = "idealistisch = erfolgreich = oben = deutsch"; die von "Schlecht": = "materialistisch = zum Scheitern verurteilt = unten = jüdisch".

 

Idealismus und Herrschaft

Im Nationalsozialismus ging es nach Ansicht der Idealisten ziemlich gerecht zu. Die Guten (die stärksten, idealistischsten, deutschesten von allen) waren oben an der Spitze, die Bösen (die Miesepeter, ewigen Zweifler, reinen Geldscheffler, Bedenkenträger, Zyniker, Spötter, bloßen Karrieristen usw.), also die Juden waren unten. Adolf Hitler hat den Idealismus der Deutschen entzündet, er war selbst der größte deutsche Idealist (er war am begeistertsten, am enthusiastischsten und überzeugtesten für das Gute, deswegen hat er so geschrien.)

Zum Glück - so dachten die Idealisten - können die Deutschen auch mit all ihrem Idealismus Krieg führen. Wenn das Gute verletzt wird, werden sie fuchsteufelswild. Dann werfen sie sich mit Aufopferungsbereitschaft und Enthusiasmus ohnegleichen auf den Feind und ruhen nicht eher, bis der letzte Böse bestraft ist. Wenn sie einmal mit ihrem ganzen tapferen Idealismus loslegten, hielten sich die Guten für unbesiegbar gegen den feigen Materialismus der anderen, insbesondere der Juden. Gerade in Krieg und Massenvernichtung zeigt sich die Kraft des Idealismus! Der Idealist scheut dann vor keiner heldenhaften Selbstaufopferung zurück. Auch wenn z.B. 100 oder 1000 oder 10.000 Leichen da liegen und verwesen, und ihr Blut ihnen bis zu den Knien steht - sie überwinden ihren inneren Schweinehund, bleiben aufrecht und tun bis zur Besinnungslosigkeit weiter ihre Pflicht gegen das Schlechte, Untere.

Deswegen hat es nach dem 2. Weltkrieg geheißen: "Die Nazis haben den Idealismus der Deutschen mißbraucht." Gott, wie furchtbar ist das! Das haben die echten Deutschen so gesehen, daß Hitler ihren im Grunde guten Idealismus MISSBRAUCHT hat! Daher das Mißtrauen und Ressentiment nach dem 2. Weltkrieg gegen die Emigranten. Die Emigranten waren keine richtigen Deutschen, keine Idealisten, sonst hätten auch sie sich von Hitler verführen lassen - zumindest aber vollstes Verständnis dafür gehabt. Wenn die Deutschen damals gesagt hätten: Die Nazis haben von unserer GROSSEN BLÖDHEIT Gebrauch gemacht - das wäre schön gewesen. Man könnte heute Patriot sein!

 

Idealisten und "Marxisten"

Die "Marxisten" (Kommunisten und Sozialisten) zweifelten nach NS-Ansicht immer und waren Gesinnungsjuden. Sie wollten angeblich den bloßen Schacher an der Macht: den nackten Eigennutz, das ewige Nörglertum und den spöttischen Pragmatismus der Unteren: das wollten sie OBEN sehen. Für Idealisten hieß das: "Der größte Lump soll oben an die Spitze!" Die "Marxisten" hatten nach Ansicht der Nazis Gut und Böse vertauscht und waren deswegen selbst böse.

Die langfristig ganz eindeutige Beschmutzung alles Heiligen, Entweihung alles Weihevollen, Verspottung der höchsten Autoritäten die wissen was gut ist - all das sollte einem die Gewißheit geben, daß der Skeptizismus, d.h. das "Gesinnungsjudentum" letztlich siegen wird. Das Schmutzige, alles Erhabene mißachtende, ewig Meckernde, ewig Kritische, ewig Nörgelnde, ewig Zweifelnde, das nie wirklich Idealistische, der Skeptizismus wird siegen. Die ehrlich Begeisterten werden immer mehr ausgelacht, und man wird nie mehr sicher sein, was gut ist. Man wird nicht mehr wissen, daß es gut ist, oben zu sein, wenn der Terror fehlt.

Egalitarismus (oder Skeptizismus) ist der Zustand, wo alle denken: "es ist gut genug, unten zu sein", und wo niemanden interessiert, ob einer gut und böse wirklich unterscheiden kann und sein Gutsein wirklich beweisen kann. Fehlender Ehrgeiz, fehlende Begeisterung, Coolness, Abgebrühtheit, Materialismus und Funktionalismus werden sich durchsetzen, die völlige Ernüchterung wird stattfinden, der "Marxismus" (das, was die Nazis darunter verstanden) wird zweifellos irgendwann siegen.

Aber davon konnte damals keine Rede sein. Wer in den "Golden Twenties" Materialismus und allseitige Ironie für fest verankert und unschlagbar hielt, hatte sich getäuscht. Auch in die kommunistische und sozialistische Arbeiterbewegung war längst der Idealismus eingekehrt - mit den uniformierten, im Gleichschritt marschierenden Männertruppen, dem Toten-, Fahnen- und Führerkult, dem Sehen auf Moralität und Anstand; mit der Kritik an der "Prasserei" der Reichen und an der "Feigheit" der Offiziere im 1. Weltkrieg, mit dröhnender Rhetorik von Ehre und Nation usw. usf. Fast die ganze Gesellschaft marschierte in eine Richtung.

 

Distanzierte, wissenschaftliche Betrachtung des Idealismus

Es stimmt natürlich, daß es den oben beschriebenen "Idealismus" auch in anderen Ländern gibt. (Er sei "emotionaler Idealismus" genannt zur Abgrenzung vom "rein" philosophischen Idealismus.) Kennzeichen des emotionalen Idealismus sind:

a. Sicheres Wissen, was Gut und Schlecht ist,

b. aufrichtige Begeisterung für das Gute, aufrichtige Empörung über das Schlechte,

c. Überzeugung, daß die Guten belohnt und die Schlechten bestraft werden, wenn es gerecht zugeht. Wie im Ideal der patriarchalischen Familie, wo der Beste oben ist und die weniger Guten unten, und wo die "größten Idealisten" am meisten gelobt werden, weil es gerecht zugeht.

d. Überzeugung, daß es gesellschaftliche Bereiche geben sollte, in denen es derart "gerecht zugeht". Dort ist es gut, nach oben zu streben.

Wenn viele Menschen moralische Idealisten sind, entsteht die MÖGLICHKEIT einer Einheit von Moral und Herrschaft: wenn man nämlich denkt, es geht gerecht zu, die Guten sind Oben. Eine solche Einheit von Moral und Herrschaft liegt dem Kapitalismus immer zugrunde. Aber diese Einheit ist manchmal besonders stark (sie kann sehr viel stärker werden, als sie bei uns jetzt ist), und sie wurde in Deutschland sehr stark, sie konnte (kann vielleicht noch) dort stärker gemacht werden, als woanders.

U.a. dadurch konnte es zu einer Kopplung von mittelalterlichem moralischen Eifer mit moderner technischer Effizienz kommen. Die meisten Deutschen waren EIFRIGE Nationalsozialisten. Den deutschen Idealisten, die bei der Demütigung von Juden dabei waren, schlug das Herz höher vor Freude: "Das hier ist der Beweis dafür, daß ICH zu den guten, Höheren gehöre!" Diese "Gleichzeitigkeit von Mittelalter und Moderne" ist ausländischen Journalisten in Deutschland immer wieder aufgefallen. Die Herstellung der Einheit von Moral und Herrschaft erklärt das Gefühl der Erweckung bei vielen Angehörigen der Mittelschicht im Frühjahr 1933 (oder vorher bei Reden Hitlers), die Erweckung des Glaubens an die Volksgemeinschaft: dadurch siegte für sie das Gute im Menschen, und alle Deutschen wurden eine Familie.

Es ist leicht zu verstehen, daß durch systematische und massive Strafen (Schauprozesse, Hexenverbrennungen) in einer Gemeinschaft deren Einheit der Moral und Herrschaft (re)produziert wird. Ausschließende Strafen sorgen dafür, daß man nur durch Annahme der hierarchischen Denkordnung ein Teil der Gemeinschaft (z.B.: des deutschen Volkes) sein kann. So, wie in patriarchalischen Familien bei einer vollzogenen Strafe der Eltern eine innere Aufrüttelung und Unterordnung des Kindes stattfinden MUSS (das Kind würde sich sonst subjektiv außerhalb der Familie stellen, was ihm unmöglich ist), - so werden die einzelnen Idealisten durch die Kennzeichnung und Ausgrenzung von bösen Menschen innerlich vereint zur hierarchischen Volksgemeinschaft bzw. Partei-, Bewegungs- und Vereinsgemeinschaft. Hierarchische Gemeinschaft, Strafe (Erziehung) und Idealismus gehören zusammen. Daher die Erfolge der Scientology bei der Förderung des Idealismus´ und der Karriere ihrer Mitglieder.

 

Idealisten sind Streber

Der Nutzen der Kritik des "Idealismus" geht m.E. darüber hinaus, nur den deutschen Faschismus besser zu erklären. Insofern ist die Kritik berechtigt, daß emotionaler Idealismus auch außerhalb Deutschlands vorkommt.

Ich verstehe durch den emotionalen Idealismus jetzt die Streber. Bisher galt für mich: der Streber, das unbekannte Wesen. Warum gehen sie nach der Stunde zum Lehrer? Warum melden sie sich, wenn sie was wissen? Warum pauken sie so viel; obwohl sie dumm sind und Dummheit glücklich macht? Warum ist die gute Note in der Probeklausur für sie so wichtig? Jetzt weiß ich´s.

Die Streber sind Idealisten. Sie glauben an das Gute, Wahre der Lehrbücher, wie die gläubigsten studentischen DKP-Genosslnnen an den Inhalt der Schulungshefte und des Parteiprogramms glaubten. Sie denken, die Lehrer und Professoren seien bessere Menschen, so wie die gläubigsten KB-Genosslnnen die Mitglieder ihres Leitenden Gremiums bewunderten. Es beweist nach Ansicht der Streber moralische Qualität, in der Gesellschaft oben zu sein. Sie denken: Oben ist gut, gut ist oben. Vorgesetzte, Abgeordnete und Prominente sind bessere, höher stehende Menschen. Deswegen wollen sie da hin und genauso werden. Kaum faßbar, und doch so selbstverständlich: Wir werden von vielen Dummköpfen regiert.

Und für diese Art Dummköpfe war 1933 - 1945 die Welt genau so, wie sie sein sollte. Keiner sagte zu ihnen "du bist ein Streber", alle Miesepeter, Zweifler, Kritiker, Miesmacher waren nach ihrer Ansicht ausgerottet oder bekehrt, und ihr ganzer Idealismus wurde aus ihrer Sicht endlich allgemein anerkannt. Das fanden sie gut, es war das Paradies der herrschenden Streber. Und in diesem glückseligen Zustand wünschte man, ewig bleiben zu können. Menschlich verständlich, oder?

Es ist übrigens falsch, zu glauben, Idealisten würden uneigennützig handeln. Die Idealisten in der DKP oder im KB wollten in der Organisation gut angesehen sein, sie waren bereit, darin aufzusteigen, und sie fanden, daß Anerkennung und Aufstieg für sie schön und angenehm sind. Also waren sie eigennützig. Daher die Implosion, als die Hierarchien nicht mehr funktionierten. Idealisten sind Streber. (Materialisten sind auch eigennützig, aber sie wissen es. Deswegen sind sie keine Streber. )

 

Nieder mit der Verschwörungstheorie

Ein zentraler Fehler unserer Großeltern war, daß sie an die RATIONALITÄT der Herrschenden Idealistenklassen glaubten, daß sie darin das Gefährliche sahen, und damit die wirkliche Gefahr verkannten. Das Gefährliche an den Eliten war eher, daß das Volk von ihrer "hohen Moral" angesteckt werden konnte. Es ist heute besser als bisher bekannt, daß nicht nur Hitler, sondern die ganze deutsche Führung idealistisch war.

Den gleichen Fehler machen wir heute wieder. Auch jetzt besteht die Gefahr darin, daß sich das Volk von der Hohen Moral seiner Führung anstecken läßt. Und wir sind blind. Wer von uns liest z.B. den "Focus"? Wir sollten ihn lesen. Da steht drin, was Bundesminister und Vorständler der deutschen Bank im tiefsten Innern ihrer Seele wirklich und wahrhaftig glauben und wünschen.

Ein nützlicher Nebeneffekt dieser Lektüre wäre, daß einem dabei wieder klar wird, was es heißt, Iinks zu sein. Nichts weiter eigentlich, als: klüger sein.

Und: auf der Suche zu sein nach einem Dritten Weg jenseits von Strebertum und Zynismus.